Reparatur-Café in Neunkirchen startet

An diesem Samstag, 20. Oktober, eröffnete im Komm-Zentrum in Neunkirchen das Reparatur-Café. Nach den Grußworten von Landrat Sören Meng und Bürgermeister Jörg Aumann um 9 Uhr nahm der Reparaturbetrieb offiziell seinen Betrieb auf.

„Was fehlt ihm denn?“ Der Stabmixer von Inge Sulzbacher will nicht mehr. Zwar sieht das Markenprodukt noch ziemlich neu aus. Aber das Messer sitzt fest. Statt das Gerät zu entsorgen, machte sich die ältere Dame lieber auf den Weg von Furpach ins KOMM, das heute einem Bienenstock gleicht. Am „Anmeldetresen“ im Foyer meint sie resolut: „Ich bin altmodisch, ich werfe so schnell nix weg.“ Womit Inge Sulzbacher nicht alleine da steht. Das bewies die unglaubliche Resonanz auf die Eröffnung des Neunkircher Reparatur-Cafés – dem ersten seiner Art im Landkreis. „Wir hatten allein in der ersten Stunde 16 Kunden“, strahlt Mitorganisator Joachim Becker übers ganze Gesicht. Noch vor 12 Uhr hieß es „Annahmeschluss“.

Rund 30 Ehrenamtliche kümmerten sich fünf Stunden lang sowohl um die Patienten - von der Munddusche über Kettensäge und Laptops bis hin zur Stehlampe – als auch ihre Besitzer. Die bekamen an der Anmeldung eine Nummer und durften sich bis zur „Visite“ in einem der beiden „Werkstatt“-Räumen von der Internationalen Frauenkochgruppe und weiteren Helfern im Obergeschoss bewirten lassen. Hoch im Kurs stand die Eierschmier, „wie früher mit Speck, ein bisschen Mehl und Wasser“ zubereitet, verriet Ruth Bärmann. Zehn Kuchen standen zur Auswahl, selbst gebackenes Brot, später Würstchen, und diverse Getränke. „Wir haben bewusst regionale Produkte gekauft“, darunter Hirzweiler Käse und Schinken vom Leibrock.

Was Landrat Sören Meng besonders freuen dürfte, der mit Bürgermeister Jörg Aumann gratulierte. Die Anschubfinanzierung läuft über das Bundesprogramm Land(auf)schwung, Sachmittel stellt die Stadt zur Verfügung. Wie Aumann festhielt, ist die Installierung des Reparatur-Cafés „der Beharrlichkeit und Kreativität der Verantwortlichen der Bürgerinitiative Stadtmitte, allen voran Ulrike Heckmann“ zu verdanken. Gemeinsam mit Mathias Schilhab von der Ehrenamtsbörse des Landkreises und Stadtteilmanager Wolfgang Hrasky gelang es ihnen, viele Bürger für das Projekt zu gewinnen, darunter etliche „neue Gesichter“. Als „Sozialinnovation“ vom Feinsten bezeichnete Gastredner Janis Winzer vom Fraunhofer Institut einen solchen ehrenamtlichen Reparaturbetrieb. Dass dieser durchaus Gefahr für Leib und Leben birgt, verdeutlichte der Spezialist für Obsoleszenz (das Herbeiführen einer schnelleren Abnutzung/Veralterung eines Produktes) am Beispiel selbstentzündlicher Lithium-Ionen-Akkus.

„Wow, ihr habt ganz schön was auf die Beine gestellt“, staunte Harald Kreutzer, Reparaturcafé-Kollege aus Saarbrücken. „Die Zeit war einfach reif dafür“, nickte Joachim Becker, für den mit dem Projekt ein Herzenswunsch in Erfüllung geht. „Die Grundidee ist ja die der Nachbarschaftshilfe“. Wobei man nicht nur hilft, in dem man Kaputtes in Stand setzt und so erhält. „Wir holen die Leute vom Sofa, weil sie einen Schraubenzieher bedienen können.“ Wie Hans-Joachim Fuchs, gelernter KFZ-Elektroniker und Ex-Lokführer. Leicht unterfordert war der 75-Jährige mit einer defekten Standuhr. „Die Batterie steckte verkehrt herum drin. Ich habe die oxidierten Kontakte gereinigt“, mehr nicht. Generell fehle es noch ein bisschen an Equipment. Eine Werkbank etwa wäre nicht schlecht, Gas zum Löten, Elektronikprüfgeräte, feine Zangen.

Gut möglich, das man das nächste Mal schon einen gesponserten 3D-Drucker zur Verfügung hat, mit dem man Ersatzteile zügig und preiswert replizieren kann. Vielleicht ist Friedrich Notdurft dann mit im Team. Der „letzte Maßschneider Neunkirchens“ fachsimpelte angeregt mit Ludberga Haben an deren Nähmaschine. Wobei es nicht um Dienstleistungen gehe, wie die Hobbynäherin betont. Wer seine Hose kürzen lassen will, den muss sie enttäuschen: „Aber ich zeige, wie es geht. Viele können nicht mal einen Knopf annähen.“ Oder das Rad reparieren, was ebenfalls - unter Anleitung - an diesem Tag passierte.

Und der Stabmixer? Der dreht sich wieder. Ein Tropfen Öl  an der richtigen Stelle und „ein bisschen Gewalt“ haben Wunder gewirkt. Eines von vielen an diesem Samstag im KOMM.

 

 

Quelle:https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/neunkirchen/neunkirchen/reparatur-cafe-in-neunkirchen-eroeffnet_aid-33956895